Ich suchte dringend Anschluss, Gesellschaft und Erfahrungsaustausch mit anderen Müttern.
Unser Familienglück war zeitlich irgendwie schlecht geplant: Im Freundeskreis war ich die erste mit Kind, später mit zweien. Dass mich mein Muttersein einsam machen könnte, damit habe ich nicht gerechnet.
Als unser Sohn 2009 geboren wurde, war ich 26 Jahre alt. Ich würde also nicht sagen, dass ich besonders jung war – aber die meisten meiner Freundinnen waren noch mitten im Studium oder gerade damit fertig und arbeiteten zumeist in Vollzeit. Ein Treffen zu „babyfreundlichen“ Zeiten war daher schlecht machbar. Weil ich aber dringend Anschluss und Erfahrungsaustausch auch mit anderen Müttern suchte, nahm ich an Spielgruppen und Kursen teil, doch aus verschiedensten Gründen war es für mich ziemlich schwierig, pünktlich und zuverlässig zu festgelegten Zeiten am Angebotsort zu sein, weshalb ich das schnell aufgab.
Ich wünschte mir schon damals einen offenen Ort, der mir jederzeit Gelegenheit zu Kontakt ermöglichte – gleichzeitig auch mein Kind willkommen war, ein Weinen oder Wüten zwischendurch nicht störte und auch der Kinderwagen nicht im Weg herum stand. Aber so einen Ort habe ich nicht gefunden.
Etwa ein Jahr später war ich aus finanziellen Gründen gezwungen, wieder Arbeiten zu gehen, unser Sohn musste eine Tagesmutter besuchen. 2012 kam unsere Tochter zur Welt. Die meisten meiner Freundinnen hatten nach ihren ersten Kindern gerade wieder angefangen zu arbeiten, so war ich wieder allein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich mit der Einsamkeit und dem Wunsch nach ungezwungener Gesellschaft alleine war, also machte ich mich auf Ideensuche.
So lernte ich das Konzept der Mütterzentren und Mehrgenerationenhäuser kennen. Und dann ging alles ganz schnell.
Ich besuchte mit meiner Tochter im Maxicosi das Mütterzentrum in Dortmund. Von Eva Sowa, der damaligen Geschäftsführerin des Landesverbandes der Mütterzentren in NRW, wurde ich herzlich begrüßt, im Mütterzentrum herumgeführt und zum Mittagessen im Café eingeladen. Es war einfach nur großartig: Neben dem offenen Treff – dem Café mit betreuter Kinderspielecke – gab es im Haus eine Hebammenpraxis, Spielgruppen und eine Musikschule sowie zahlreiche Angebote am Vor- und Nachmittag.
Von Anfang an fühlte ich mich dort willkommen und wertgeschätzt, obwohl Eva und ich uns vorher noch nie begegnet waren. Ich wünschte mir nichts mehr, als auch so einen Ort für Mütter und Kinder in meiner eigenen Stadt zu schaffen.
Zurück zu Hause begann ich, Verbündete für diese Idee zu suchen, bei der Gemeinde vor Ort und den Familienbildungseinrichtungen. Das Feedback war immer gleich: Für „sowas“ gäbe es keine Nachfrage (und damit keine Finanzierung) und auch keine Möglichkeit, einen Begegnungsraum gestellt zu bekommen. Ich konnte das gar nicht verstehen, denn schließlich wollte ich persönlich gar kein Geld damit verdienen. Es sollte ein Angebot von Eltern für Eltern sein – im Rahmen der Familienselbsthilfe.
Mit Hilfe meiner Familie und Freunden gründete ich deshalb einen Verein und mietete auf eigene Kosten ein kleines Ladenlokal an – wir finanzierten alles aus eigenen Mitteln.
Mit der Zeit schafften wir es, ein breites, bedarfsgerechtes Angebot auf die Beine zu stellen. Von Geburts- und Stillvorbereitung bis hin zu verschiedenen Kursangeboten und offenen Treffs. Das Mini-Mütterzentrum „Kinderzimmer“ in Grevenbroich begrüßte innerhalb von nur 2,5 Jahren über 6.000 Besucher in den nur 40 qm großen Räumlichkeiten – und wurden damit zu einem Ärgernis für die größeren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt. Wir suchten dringend Möglichkeiten zu expandieren, konnten uns das mit unserem schmalen Budget trotz großem ehrenamtlichen Einsatz jedoch nicht leisten.
Da man befürchtete, demnächst vielleicht öffentliche Gelder aus städtischen oder Landesmitteln mit uns teilen zu müssen, begannen auf verschiedenen politischen Ebenen Interventionen gegen unseren Verein – von vielen Dingen haben wir erst erfahren, nachdem uns die Kräfte ausgegangen waren. In unserem Fall konnte David gegen Goliath nicht gewinnen. Wir schlossen Ende 2015.
Den Mütterzentren bin ich jedoch treu geblieben. Erst als ehrenamtliche Vorstandsfrau und nun als Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Landesverbandes der Mütterzentren in NRW. Ich arbeite dafür, dass unseren Mütterzentren als diese wunderbaren und wirkungsvollen Orte des wertschätzenden Miteinanders und bürgerschaftlichen Engagements nicht die Puste ausgehen muss. So wie uns damals.
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