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Der Mitmach-Blog von Müttern für Mütter in NRW

Zoff mit meiner 5-Jährigen

von | 5. Juli 2021 | Unsere Geschichten

Aus dem Rücksack eines Mädchens schauen Kopf und Füße einer Puppe heraus
"Ich ziehe aus!" Wenn es zwischen Eltern und Kindern richtig kracht. Foto: (c) Susanne Beimann

Wenn die eigene Erziehung für „richtige“ oder „falsche“ Erziehungsmaßnahmen zu wenig Anhaltspunkte liefert

Und jetzt? Gerade hatte mir meine 5-jährige Tochter erklärt, dass sie nun auszieht. Mit ihrer Puppe im Arm stand sie bereits im Treppenhaus. Es kam nicht so oft vor, dass ich „hart durchgreifen“ musste, ich wollte schließlich mein Konzept einer 150%ig fairen Erziehung nicht unterwandern. Aber es kam vor. Und mir war dann immer selbst nicht klar, ob ich mich oder sie verraten habe, ob jetzt ein schlechtes Gewissen angebracht sei oder nicht…

Zu meiner größten Herausforderung als alleinerziehende Mutter gehörte immer wieder, andere Erziehungswege auszuprobieren, als ich selbst sie genossen hatte.

Da meine Tochter mein erstes (und einziges) Kind ist, hatte ich als Mutter überhaupt keine Erfahrung und habe mich in solchen Situationen oftmals nur auf meine Intuition verlassen können. Ich wusste nur, dass es eine Umkehrung der Verhältnisse gewesen wäre, wenn sich meine Tochter bei solchen Machtkämpfen durchgesetzt hätte,

da hätte ich als „alleinverantwortliche Aufpasserin“ auf ihr Leben einpacken können und sie wäre mir aufs Dach gestiegen.

Aber ich wollte nicht ungerecht sein, nur worauf konnte ich mich bei meiner Suche nach neuen Erziehungswegen eigentlich verlassen? Ständig hatte ich die militärisch-preußisch-autoritären Machtgebaren meiner Eltern warnend vor Augen.

Meine eigene Erziehung schien mir so derartig falsch und konfliktbehaftet, dass ich mich daran einfach nicht orientieren konnte und wollte. In solchen Momenten stand ich also unheimlich alleine da.

Und meine Tochter natürlich auch, weil ihre einzige Vertraute gerade gegen sie war. Eine ausgleichende dritte – und vielleicht auch vierte und fünfte – Person hätte uns beiden sehr geholfen. Aber die gab es nicht. Ich musste ihr gegenüber die Doppelfigur hinlegen: die mitfühlende, verständnisvolle Mutter für ihre Perspektive und Gefühle und die grenzziehende Erzieherin mit den klaren Ansagen gleichzeitig.

Das war keine einfache Übung. Ich habe in solch einer Gemengelage nach meinem Gefühl entschieden und das war oft genug sehr ambivalent. Aber so sind auch kleine Kinder: ambivalent. Sie spüren das Hin- und Hergerissensein der Eltern ganz genau, sind es ja innerlich selbst, wollen mehrere Dinge auf einmal: sich selbst erproben einerseits, Grenzen austesten andererseits, eine solche Kampfansage ist auch mit ihren inneren Fragen verbunden, was nun eigentlich die Lösung für ihre streitenden Gefühle ist?! Für die erwachsene Erziehungsperson bleibt das eine Gratwanderung, die Sensibilität verlangt.

Dass ich damals auch die eine oder andere Situation richtig aufgelöst habe, hat sich dann erst viel später herausgestellt. Mein Verhalten in Konfliktsituationen waren Testläufe sozusagen und anders war es mir nicht möglich. Heute bin ich aber auch davon überzeugt, dass viele Wege nach Rom führen, weil es auch auf die Logik der eigenen, elterlichen Perspektive ankommt, die Kinder begreifen können. Man lernt sich ja schließlich auch immer wieder neu kennen.

Mehr von Bettina gibt es auf ihrer Website www.bettina-ullmann.de

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Als Journalistin muss man zeitlich und örtlich flexibel sein. Wie Bettina das als alleinerziehende Mutter gewuppt hat, ist ihr manchmal selbst ein Rätsel. Inzwischen ist ihre Tochter erwachsen - trotzdem sind ihre Themen heute noch genauso aktuell wie vor fast 15 Jahren.

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